Bild: Universität Konstanz

„Verständigung, Integration, Freu(n)de“

Preis für offene Wissenschaft geht an Konstanzer Tandem-Projekt zur Integration von geflüchteten Menschen

Für das Kooperationsprojekt wurden die Universität Konstanz, das Landratsamt Konstanz, die Beschäftigungsgesellschaft Landkreis Konstanz gGmbH und die Industrie- und Handelskammer Hochrhein-Bodensee am 4. Dezember 2019 vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg in Stuttgart mit dem Preis für offene Wissenschaft ausgezeichnet. Das Preisträgerteam besteht aus Dr. Elisabeth Maué, Barbara Ette, Paul Glaßner und Jan Vollmar.

Beim Projekt TASK – „Tandems von Studierenden und Auszubildenden im Landkreis Konstanz“ dreht sich alles um die Integration geflüchteter Menschen in den (Aus-)Bildungs- und Arbeitsmarkt. „In der Praxis zeigt sich immer wieder, dass eine Berufsausbildung in Deutschland insbesondere junge Menschen mit Fluchthintergrund vor erhebliche Herausforderungen stellt“, so Dr. Elisabeth Maué vom Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Universität Konstanz. „Das gilt in Bezug auf die deutsche Sprache, die Fachsprache, die berufsschulischen Anforderungen und die Alltagsorganisation, aber auch in Bezug auf Missverständnisse aufgrund kultureller Unterschiede.“ Hier setzt das mit dem Preis für offene Wissenschaft ausgezeichnete Projekt TASK unter Beteiligung der Universität Konstanz, des Landratsamts Konstanz, der Beschäftigungsgesellschaft Landkreis Konstanz gGmbH sowie der Industrie- und Handelskammer Hochrhein-Bodensee an.

Wie TASK dort hilft, wo die Bürokratie an ihre Grenzen stößt

Ziel des Kooperationsvorhabens ist, Auszubildenden mit Fluchthintergrund durch eine kostenlose, individuelle Einzelförderung durch Studierende der Wirtschaftspädagogik bei ihrer Ausbildung zu begleiten und ihnen so den Einstieg in die Ausbildung oder den Beruf zu erleichtern. „Die Idee zur Kooperation mit der Universität Konstanz entstand im Netzwerk für die Arbeitsmarktintegration von Migrantinnen und Migranten des Landkreises Konstanz“, berichtet Barbara Ette, Integrationsbeauftragte des Landratsamts Konstanz. „Die Idee ist aus ganz pragmatischen Fragestellungen erwachsen. Was können wir für Auszubildende tun, die keinen Zugang zu staatlich geförderten Maßnahmen haben? Wie können wir schnell und unbürokratisch dort helfen, wo es am Nötigsten ist – ohne dass gleich immense Kosten entstehen?“, ergänzt Paul Glaßner, stellvertretender Geschäftsführer der Beschäftigungsgesellschaft Landkreis Konstanz gGmbH.

Im Rahmen von TASK wird jeweils eine Auszubildende oder ein Auszubildender an jeweils eine Studierende oder einen Studierenden aus dem Seminar von Dr. Elisabeth Maué vermittelt. Die Auszubildenden lernen an ihren individuellen Bedarfen orientiert genau das, was sie benötigen, um ihre Ausbildung erfolgreich absolvieren oder abschließen zu können. So helfen die Studierenden ihren Partnerinnen und Partnern etwa bei Fragen rund um ihre Ausbildung, bei der Nachbereitung von Unterrichtsstoff, bei der Prüfungsvorbereitung oder durch die Vermittlung von Lernstrategien. Auch wenn Wissenslücken geschlossen werden müssen, beispielsweise in Mathematik, helfen die Studierenden weiter.

Qualifizierung von Auszubildenden und Studierenden

Damit wirkt das Projekt insbesondere auch Ausbildungsabbrüchen entgegen, weiß Jan Vollmar, Projektleiter zur Integration junger Flüchtlinge bei der IHK Hochrein-Bodensee: „Meine Aufgabe ist, zu schauen, dass die Jugendlichen ihre Ausbildung starten, aber auch erfolgreich abschließen. Das gemeinsame Projekt mit der Universität Konstanz eröffnet dabei durch das 1:1-Setting außergewöhnliche Möglichkeiten zum Lernen, aber auch einen interkulturellen Austausch.“

Ihrerseits profitieren die angehenden Berufsschullehrerinnen und -lehrer von der Erfahrung, Beziehungen zu Menschen mit Fluchthintergrund aufzubauen und Bildungsinhalte verständlich zu erklären. „Das schärft den Blick für die Gestaltung von Unterrichtsmaterialien und schult die angehenden Lehrkräfte darin, Lernschwierigkeiten zu identifizieren und abzubauen“, erklärt Dr. Elisabeth Maué. Während ihrer Arbeit im Tandem werden die Studierenden mit wissenschaftlichen Seminaren, interkulturellem Training, einem Workshop zu Deutsch als Zweit- und Fremdsprache sowie durch Supervision in Kleingruppen unterstützt und begleitet.

„Es ist ein, wie ich finde, sehr wichtiges Anliegen, geflüchtete Menschen, die zu uns nach Deutschland kommen, so gut wie möglich zu integrieren“, erklärt Prof. Dr. Stephan Schumann, Professor für Wirtschaftspädagogik am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften und Mitinitiator des Projektes. „Bildung, oder in diesem Fall berufliche Bildung, ist dabei von zentraler Bedeutung. Es ist mir gerade als Forschender ein Herzensanliegen, das Wissen, das wir hier an der Universität generieren, auch jenseits davon zur Anwendung zu bringen.“

Der Preis für offene Wissenschaft wurde 2018 erstmals vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg ausgelobt und 2019 zum ersten Mal vergeben. Er würdigt herausragende Vorhaben, die Wissenschaft und Bürgergesellschaft in vorbildlicher Weise verbinden.
 

Faktenübersicht:

  • Preis für offene Wissenschaft des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg für Konstanzer Tandem-Projekt zur Integration von geflüchteten Menschen in den (Aus)Bildungs- und Arbeitsmarkt.
  • Gemeinsam mit dem Landratsamt Konstanz, der Beschäftigungsgesellschaft Landkreis Konstanz gGmbH sowie der Industrie- und Handelskammer Hochrhein-Bodensee wird die Universität Konstanz ausgezeichnet.
  • Preisgeld: 50.000 Euro.
  • Die Preisverleihung fand am 4. Dezember 2019 im Neuen Schloss in Stuttgart statt.
  • Der Preis für offene Wissenschaft wurde 2019 erstmals vergeben und würdigt ein herausragendes Vorhaben, das Wissenschaft und Bürgergesellschaft in vorbildlicher Weise verbindet.
  • Im Wintersemester 2018/2019 bildeten sich 22 Tandems, im Sommersemester 2019 waren es 51 Tandems. Aktuell lernen und arbeiten 24 Tandems zusammen. Das Projekt soll auch im kommenden Sommersemester weitergeführt werden. Seit dem Wintersemester 2019/2020 ist die Handwerkskammer Konstanz als neue Kooperationspartnerin Teil von TASK.