Nachruf: Gerd Ronning, ein Pionier der Mikroökonometrie

Der Fachbereich Wirtschaftswissenschaften trauert um Prof. Gerd Ronning, der überraschend nach kurzer und schwerer Krankheit am 23.12.2019 verstarb. In der recht jungen Fakultät für Wirtschaftswissenschaften und Statistik an der Universität Konstanz war Gerd Ronning seit 1970 zunächst als Hochschulassistent und von 1979 bis 1993 als Professor für Statistik und Ökonometrie tätig.

Anschließend wechselte Gerd Ronning an die Universität Tübingen, wo er bis zu seiner Pensionierung 2004 den Lehrstuhl für Statistik, Ökonometrie und Empirische Wirtschaftsforschung innehatte und zudem als Direktor das Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung leitete.

Gerd Ronning muss als Pionier der modernen Mikroökonometrie bezeichnet werden. Schon früh in seiner wissenschaftlichen Karriere konzentrierte er sich in seiner Arbeit auf die Entwicklung und Verbesserung ökonometrischer Methoden zur Analyse von Querschnitts- und Paneldaten. Dies geschah in einer Zeit, in der zumindest in Deutschland die Ökonometrie ein Schattendasein führte und Professoren wie Studierende selten mit ökonometrischen Verfahren vertraut waren und diese, wenn überhaupt, nur im Kontext makroökonomischer Fragestellungen auf Zeitreihendaten anwendeten. Als am Anfang der achtziger Jahre die erste Datenrevolution in den Wirtschaftswissenschaften mit der Verfügbarkeit großer Querschnitts- und Paneldaten stattfand (die erste Welle des deutschen sozioökonomischen Panels (SOEP) ist aus dem Jahre 1984) gehörte die Universität Konstanz mit Gerd Ronning zu den wenigen Orten in Deutschland, an denen Mikroökonomie gelehrt und darüber geforscht wurde. Gerd Ronnings 1991 erschienenes Lehrbuch Mikroökonometrie war über viele Jahre für Studierende, Promovierende und HochschullehrerInnen die ultimative Quelle, um sich über moderne mikroökonometrische Verfahren sachkundig zu machen. Selbst im angelsächsischen Raum gab es seinerzeit zu Ronnings Mikroökonometrie-Lehrbuch keine vergleichbare Alternative.

Ich habe Gerd Ronning nicht nur als engagierten und hochqualifizierten Hochschullehrer, sondern auch als bescheidenen Mitmenschen kennengelernt. Mich hat er als junger Student besonders beeindruckt, wenn er mit uns Studierenden gemeinsam absprach, welche neuen Themengebiete in den kommenden Sitzungen bearbeitet werden sollten und er zu erkennen gab, bestimmte Aspekte eines Problems noch nicht erklären zu können. Dann packte ihn sein Ehrgeiz und er präsentierte in der nächsten Sitzung die von ihm selbst hergeleitete Lösung. In diesem Sinne war Gerd Ronning ein echter Wissenschaftler, der im wahrsten Sinne des Wortes Wissenschaft ständig darum bemüht war, Wissen zu schaffen.

Ich bin dankbar dafür, dass ich das Glück hatte, Anfang der achtziger als Student bei Gerd Ronning studieren und mit ihm später als Fachkollegen und Freund zusammenarbeiten zu dürfen.

Winfried Pohlmeier